Ein weiterer Meilenstein ist die Erschliessung von Altstetten West und Ost mit Fernwärme und Fernkälte. Die zukünftigen Energiezentralen Im Herrlig und Rautistrasse werden dazu mittels Anergieleitungen über den Untergrund mittels einem Microtunnel erschlossen. Nebst den Anergieleitungen wird der Stollen auch für die elektrische Versorgungsverstärkung der Stadt Zürich mitgenutzt.
Anergie ist als jener Anteil der thermischen Energie definiert, der in einem Prozess keine Arbeit verrichten kann. Etwas einfacher kann man es für die Nutzung in unseren Heizungen erklären: Wärme, deren Temperatur für die direkte Verwendung zu niedrig ist. Sie ist jedoch sehr wertvoll, wenn die Wärme mit Hilfe von Wärmepumpen auf ein höheres Temperaturniveau gehoben wird. Wärmepumpen benötigen hierzu elektrische Energie, je nach Temperatur der Anergie führt der Input von einer Kilowattstunde (kWh) Strom zu einer nutzbaren Wärme von drei bis fünf kWh. Die restlichen zwei bis vier sind nutzbar gemachte Anergie. Im einfachsten Fall wird Anergie der Umgebung entnommen: etwa in Form von Luft, Erdreich oder Grundwasser oder wie bei Altstetten aus der Abwasserreinigungsanlage Werdhölzli.
Als Energiequelle nutzt dieser Verbundteil die Abwärme der Abwasserreinigungsanlage Werdhölzli. Ein Schlüsselprojekt des neuen Verbunds ist die Anergieerschliessung. Für die Erstellung der Anergieleitung, welche die Energiequelle in der Abwasserreinigungsanlage Werdhölzli mit dem Versorgungsgebiet in Altstetten südlich der SBB-Gleise verbindet, ist konventioneller Grabenbau im öffentlichen Grund aus zeitlichen und räumlichen Gründen unmöglich. Aus diesem Grund startet im Winter 2025 der Bau für den Microtunnel, der in einer Tiefe von 8 bis maximal 20 Metern verlaufen wird. Der Stollenquerschnitt beträgt im Aussendurchmesser 3 Meter und im Innendurchmesser 2,6 Meter und ist begehbar.
Obwohl das Microtunneling mit höheren Kosten verbunden ist, bietet es zahlreiche Vorteile. Wichtige Argumente sind der Platzbedarf, der Zeitvorteil und bei begehbaren Stollen die Zugänglichkeit zur Infrastruktur. Die Stadt wächst und die Strassenräume sind bereits heute stark belegt. Da ist es nicht einfach, auch noch die Infrastruktur für ein thermisches Netz zu errichten. Überdies sollen die Verkehrsflüsse möglichst nicht durch Arbeiten an der Oberfläche eingeschränkt werden. Wo dennoch Strassen aufgerissen werden müssen, braucht es eine gute Abstimmung unter den Beteiligten. Um die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen unter einen Hut zu bringen und die Anwohner*innen möglichst wenig durch Baustellen zu beeinträchtigen, ist ein koordiniertes Planen und Bauen nötig. Dies ist bei Oberflächenveränderungen wegen häufiger Einsprachen zeitlich nicht beeinflussbar.
Voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2026 sollen die Arbeiten für die Anergieerschliessung zur neuen Energiezentrale in der Rautistrasse in Altstetten Ost abgeschlossen sein. Ab Mitte 2026 können dort die ersten Nutzer*innen von klimafreundlicher Wärme und Kälte profitieren und gleichzeitig einen Beitrag leisten, um bis 2040 das ambitionierte Netto-Null-Ziel der Stadt Zürich zu erreichen. Für Immobilienbesitzer*innen ist der Anschluss an ein thermisches Netz komfortabel. Im Keller braucht es nur Platz für einen Wärmetauscher, der die Wärme aus der Leitung des thermischen Netzes an die Heizverteilung überträgt. Zudem ist der Wartungsaufwand klein und die abonnierte Leistung kann bei zukünftigen Gebäudesanierungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder reduziert werden.