1982 ging in der Schweiz die erste Solarstromanlage auf einem Privathaus ans Netz. Seither hat sich viel getan: Nach einem stetigen leichten Anstieg über die Jahre verzeichnet die Photovoltaik nun einen laufend grösseren Zubau. Laut der «Statistik Sonnenenergie» des Bundesamts für Energie (BFE) waren Ende 2020 rund 118’000 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von fast 3 Gigawatt installiert. Somit deckte die Solarstromproduktion bereits 4,7 Prozent des Schweizer Strombedarfs. Expert*innen gehen davon aus, dass dieser Trend wegen der Bestrebungen zu verstärkter energetischer Unabhängigkeit so weitergeht.
Gemäss der Energiestrategie 2050 und den Energieperspektiven 2050+ sollen erneuerbare Energien, und allen voran die Sonnenenergie, künftig einen gewichtigeren Teil der Energieversorgung übernehmen. Dabei spielt die Photovoltaik eine zentrale Rolle, wie Christof Bucher, Professor für Photovoltaiksysteme an der Berner Fachhochschule und Autor des Buches «Photovoltaikanlagen – Planung, Installation, Betrieb», bestätigt: «Solarstrom hat heute mit Abstand das grösste Ausbaupotenzial aller erneuerbaren Energien und kann als einzige einheimische Energiequelle den gesamten Energiebedarf der Schweiz in der Jahresbilanz decken.» Laut Bucher soll Solarstrom in Zukunft den Strom aus den Kernkraftwerken ersetzen sowie die Elektrifizierung der Mobilität und der Wärmeversorgung sicherstellen. Solarstrom dürfte, so der Experte, sogar die Produktion von Wasserkraft übertreffen und zur grössten Stromproduktionsquelle der Schweiz aufsteigen.
Bei der Photovoltaik wird Strahlungsenergie mittels Solarzellen direkt in elektrische Energie umgewandelt. Ein Wechselrichter wandelt den erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um. Heutzutage sind auf dem Markt verschiedene Arten von Solarzellen erhältlich. Weitaus am häufigsten kommen kristalline Siliziumzellen zur Anwendung. Davon gibt es zwei verschiedene Typen: die früher häufiger verwendeten polykristallinen Zellen und die heute dominierenden monokristallinen Zellen. Die monokristallinen Solarzellen wurden in den letzten Jahren stets optimiert, sodass sich ihr Wirkungsgrad immer verbessert hat. Neben den kristallinen Siliziumzellen gibt es auch Dünnschichtzellen. Die Vorteile von Dünnschichtzellen sind der geringe Materialverbrauch sowie tiefe Produktionskosten, doch liegt der Wirkungsgrad in der Regel unter jenem von kristallinen Zellen. Auch werden Solarzellen mit neuen Materialien entwickelt. Dazu gehören beispielsweise organische Zellen, Farbstoffzellen oder Perowskite. Perowskit-Solarzellen sind insofern interessant, als ihr Wirkungsgrad sehr schnell auf über 25 Prozent gesteigert werden konnte. Allerdings sind sie wenig resistent gegen Feuchtigkeit und Sauerstoff.
Die einzelnen Solarzellen werden in Serie geschaltet und zu Modulen verbunden. Am häufigsten werden Glas-Folien-Module sowie Glas-Glas-Module verkauft. Aus ästhetischen Gründen gefragt sind auch Solardachziegel, beispielsweise in Terracottafarben oder Schieferoptik. Da PV-Module immer häufiger auch Fassaden zieren, wurde der Wunsch nach mehr Gestaltungsmöglichkeiten laut. Deshalb sind mittlerweile farbige PV-Module erhältlich, die hohe Ansprüche an die Ästhetik erfüllen. Doch während herkömmliche Solarmodule in der Regel einen Wirkungsgrad zwischen 19 und 22 Prozent erzielen, liegt der von farbigen Modulen in der Regel tiefer. Eine weitere Spezialität sind Hybridmodule, die Sonnenenergie sowohl zur Strom- als auch für die Wärmegewinnung nutzen. Die Wärmeerträge solcher Module liegen allerdings weit unter jenen herkömmlicher Solarthermieanlagen. Auch werden mit Hybridmodulen keine hohen Temperaturen erreicht, sodass sie sich nur für wenige Anwendungen eignen, beispielsweise für die sommerliche Regeneration von Erdsonden.
PV-Module lassen sich an verschiedenen Orten im und am Gebäude montieren:
Aufdachanlagen sind eine gute Lösung für bestehende Schrägdächer. Die Panels werden auf eine Unterkonstruktion montiert, das bestehende Dach bleibt erhalten. Flachdachanlagen bieten aufgrund der vielen ungenutzten Flachdächern ein grosses Solarstrompotenzial. Sie werden, ohne das Dach zu durchdringen, auf der bestehenden Dachhaut angebracht.
Indachanlagen sind in das Dach integrierte Anlagen und somit Teil der Gebäudehülle. Sie sind anspruchsvoller in der Planung und Ausführung, da sie auch die schützende Funktion des Daches übernehmen. Häufig kommen sie bei Neubauten oder bei Sanierungen mit hohen ästhetischen Ansprüchen zur Anwendung. Zwar braucht auch eine Indachanlage ein Unterdach, dafür fallen die Kosten für die herkömmliche Dacheindeckung weg.
Bei Fassadenanlagen übernimmt die PV-Anlage die Funktionen der Fassade. Hier sind meistens projektspezifische Lösungen gefragt. Ein Vorteil von PV-Modulen ist, dass sie sich auch an Balkonbrüstungen anbringen lassen. Zusätzliches Potenzial für die Solarstromproduktion bieten Carports oder Velounterstände. Ob bzw. wie gut sich ein Dach für die Solarstromgewinnung eignet, lässt sich einfach mit dem Solarpotenzialrechner herausfinden.
Bei der Planung einer Photovoltaik-Anlage gilt es einige wesentlichen Punkte zu beachten. Bevor eine Anlage auf ein bestehendes Gebäude montiert werden kann, muss der Zustand des Daches sowie seine Statik beurteilt werden. Eventuell ist eine statische Ertüchtigung notwendig. Eine Dachsanierung sollte in den nächsten 20 Jahren nicht vorgesehen sein. Auch gilt es zu bedenken, dass eine Verschattung durch Bäume oder andere Gebäude grosse Ertragseinbussen zur Folge haben kann. Bei der Installation ist zudem genügend Platz für den Wechselrichter, den Hausanschluss und die Leitungen einzuplanen.
Eine Baubewilligung braucht es heute in Bau- und Landwirtschaftszonen nicht mehr, diese ist nur noch für Anlagen auf Kulturdenkmälern nötig. Für «genügend angepasste» Solaranlagen reicht gemäss dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz eine Meldung an die Baubehörden.
Bereits heute steht in rund 90 Prozent der Neubauten eine Wärmepumpe, und die Neuzulassungen von Elektroautos steigen weiter stark an. Wirklich CO₂-arm sind Wärmepumpen und E-Fahrzeuge aber nur, wenn sie erneuerbaren Strom nutzen. Die Kombination mit einer Photovoltaikanlage ist daher sinnvoll: Solarstrom senkt die CO₂-Emissionen, und ein hoher Eigenverbrauch erhöht die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage, weil die Herstellungskosten für Solarstrom meistens tiefer sind als der Stromtarif für Haushalte.
Eine produktionsabhängige Verbrauchssteuerung stimmt Produktion und Verbrauch optimal aufeinander ab und sorgt für einen effizienten Betrieb. Auch helfe es, so Bucher, den Wärmespeicher etwas grösser zu dimensionieren, eine intelligente Ladestation für die Elektromobilität vorzusehen und die Bewohnenden für Solarstrom zu sensibilisieren.
Eine gute Möglichkeit, einen grossen Teil des Solarstroms selbst zu verbrauchen, ist die Organisation mehrerer Endverbrauchenden in einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch ZEV. Sinnvoll ist dies, wenn beispielsweise mehrere Parteien den eigenen Strom nutzen möchten. Mehr dazu erfahren Sie in unserem ZEV Whitepaper.
Für Eigentümer*innen von Immobilienportfolios bringen Photovoltaikanlagen eine ganze Reihe von Vorteilen. «Zum einen können sie sich gegen hohe Strompreise in der Zukunft absichern», erklärt Bucher. Zum andern hätten sie die Sicherheit, künftige Vorschriften wie etwa die Pflicht zur Eigenstromproduktion bereits heute zu erfüllen. PV-Strom vom eigenen Dach ist meistens günstiger als Strom vom Netz. Dass der elektrische Verbrauch durch Wärmepumpen und Elektromobilität in Zukunft noch steigen wird, trägt zusätzlich zur finanziellen Attraktivität von PV-Anlagen bei.
Nicht zuletzt sichern sich Portfoliobesitzende mit der Produktion von eigenem Solarstrom einen klaren Reputationsvorteil. Auch die Verbesserung der Ökobilanzen wird immer wichtiger, denn Nachhaltigkeitsaspekte gehören bei immer mehr Unternehmen zur Strategie. Überdies sind PV-Anlagen auch deshalb interessant, weil sie den Wert einer Liegenschaft steigern.
Quelle:
Christof Bucher: «Photovoltaikanlagen – Planung, Installation, Betrieb», Faktor Verlag 2021, ISBN 978-3-905711-62-2